2023: Den Nachwuchssport zu fördern ist und bleibt eine Herzensangelegenheit

Die Stiftung Olympianachwuchs konnte auch 2023 mehr als 100 junge Athleten in Baden-Württemberg finanziell unterstützen

Ohne Hilfe kein Spitzensport. Auf ihrem Weg an die Spitze ist die Stiftung OlympiaNachwuchs für viele junge Sportler ein wichtiger Unterstützer. Neben individueller Förderung werden die Sportler auch für Projekte – die in Kooperation mit dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg durchgeführt werden, bezuschusst. Dabei bringen sich Athleten beim Grundschulprojekt „Schau mal, was ich kann!“ oder dem Athletentag beim Grundschulwettbewerb von „Jugend trainiert für Olympia“ aktiv ein und sind Vorbilder für die nächste Generation. Wie es um die Ausstattung der Stiftung steht, erläutert Jürgen Scholz, Stiftungs-Vorstandsvorsitzender und Präsident des Landessportverbandes Baden-Württemberg (LSVBW) in Personalunion, im Interview mit „Sport in BW“.

 

Herr Scholz, im Sommer finden die Olympischen und Paralympischen Spiele in Paris statt. Erinnern Sie sich an ehemalige geförderte Athleten, die bereits mitten in der Qualifikation für das sportliche Großereignis stecken?
Da fallen mir sehr viele Namen ein. Zunächst aus meiner Sportart Leichtathletik die Weitsprung-Olympiasiegerin Malaika Mihambo und Zehnkampf-Rekordler Leo Neugebauer. Aus der Rhythmischen Sportgymnastik Darja Varfolomeev, inzwischen mehrfache Weltmeisterin, und Margarita Kolosov wie auch die Deutsche Turn-Rekordmeisterin Elisabeth Seitz. Radfahrerin Liane Lippert, Judoka Alina Böhm, Fechterin Leonie Ebert oder auch Schwimmer Josha Salchow, der sich gerade in Australien auf die Spiele vorbereitet.

Erwartungen werden Sie sicher nicht formulieren wollen, aber was Sie sich erhoffen, das dürfen Sie gerne sagen.
Es können nicht alle Olympiasieger werden. Uns geht es auch um die Unterstützung der persönlichen Entwicklung. Es gibt neben den Medaillengewinnern viele ehemalige Geförderte, die auch nach dem Ende der sportlichen Karriere Vorbilder geblieben sind und diese Eigenschaft im Sport weiter transportieren.

Können Sie erklären, welche Bedeutung hat die Stiftung OlympiaNachwuchs im Gesamtkontext des Leistungssports in Baden-Württemberg?
Die Stiftung OlympiaNachwuchs ist ein Baustein im Gesamtkonzept Leistungssport in Baden-Württemberg. Sie ermöglicht eine individuelle Förderung und ergänzt so die bereits bestehenden leistungssportlichen Strukturen des LSVBW. Im Verbund mit den Olympiastützpunkten und den Verbänden sorgt sie für die bestmögliche Unterstützung. Durch die Stiftung wird der Sportstandort Baden-Württemberg gestärkt.

Seit der Zusammenlegung der Stiftung Soziale Hilfe für Spitzensportler zur Stiftung OlympiaNachwuchs im Jahr 2016 hat sich die Stiftung stark entwickelt. Waren es zu Beginn gerade mal 40 geförderte Athleten, so wurden 2023 erneut mehr als 100 Athleten finanziell unterstützt. Wie ist das Fördervolumen zu stemmen?
Wir haben zum Glück starke Partner an unserer Seite. Allen voran die Firma Porsche, die uns in diesem Jahr zum siebten Mal sehr großzügig unterstützt hat. Diese Spende stärkt maßgeblich unseren Förderhaushalt, denn die Einnahmen aus der Vermögensverwaltung bleiben aufgrund der weltpolitischen und wirtschaftspolitischen Situation weiterhin hinter unseren Erwartungen. Die Firma Porsche sieht ihr Engagement dabei als Teil der gesellschaftlichen Verantwortung, der sie sich als erfolgreiches Unternehmen aktiv stellen. Mein Dank richtet sich an alle, die etwas zu diesem Erfolgsjahr 2023 beigetragen haben. Dabei sind wir neue Wege gegangen und haben zusätzliche Aktionen ins Leben gerufen.

Welche davon gab es im vergangenen Jahr?
Ein Highlight war aus meiner Sicht die Charity-Aktion beim Porsche-Tennis-Grand-Prix in Stuttgart. Der LSVBW durfte sich als Charity-Partner mit der Aktion „Kilometer sammeln für den Nachwuchssport in Baden-Württemberg“ während der gesamten Turnierwoche in der Schleyerhalle präsentieren. Dabei wurden wir einerseits vom Olympiastützpunkt Stuttgart unterstützt, aber es kamen auch mehrere ehemalige und aktuell geförderte Athleten am Stand vorbei. Unser langjähriger Förderer GTÜ münzte dann die erstrampelten Kilometer in Euro um. Das war ein klassisches Teamwork zu Gunsten des Nachwuchssports.

Neben Ihnen als Vorsitzendem gehören bereits seit der Zusammenlegung 2016 mit Michael Schreiner, Referatsleiter Sport im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport sowie Volker Zebandt von OBI dem Vorstand an. Nach Ihrer Wahl zum LSVBW-Präsidenten hätten Sie dieses Amt aufgeben können. Warum haben Sie das nicht getan?
Trotz meiner Präsidentschaft beim LSVBW war mir die Fortsetzung der Arbeit innerhalb der Stiftung wichtig. Die Leidenschaft, den Nachwuchssport zu fördern und damit auch den Leistungssport in Baden-Württemberg voranzubringen, ist und bleibt eine Herzensangelegenheit. Und dies nicht nur von mir, sondern auch von meinen beiden Mitstreitern im Vorstand. Deshalb finden wir immer wieder eine Lücke in unseren Terminkalendern.

Blicken wir gemeinsam in die Glaskugel. Wo steht die Stiftung in zehn Jahren? Was wäre ihr Wunsch?
Ganz oben auf der Wunschliste steht, dass wir gern viel mehr Athletenanträge befürworten können, die an uns gestellt werden. Deshalb ist die finanzielle Planungssicherheit für die Stiftung unser größter Wunsch. Unser Credo ist, dass alle die Chance haben sollten Leistungssport zu betreiben. Aber ich bin Realist und denke Schritt für Schritt, Jahr für Jahr: Wie schnell sich alles – auch in festen Strukturen – ändern kann, haben wir erst in der Pandemiezeit erleben müssen.

Gehen wir zurück in die Gegenwart: Was sind die konkreten Ziele für 2024:
Wir arbeiten gerade an einer Vereinfachung des Antragsverfahrens und die Integration in die bereits bestehende Datenbank des LSVBW. Diese Digitalisierung würde für alle nur Vorteile bringen und uns die Arbeit und Kommunikation mit den Olympiastützpunkten sowie Verbänden erleichtern. Auf der To-do-Liste steht auch der Austausch mit anderen Stiftungen im Land, die den Leistungssport voranbringen wollen.

Quelle: Sport in BW / Ausgabe 01/2024
Das Gespräch führte Klaus-Eckhard Jost.


2022: Erstmals mehr als 100 Athleten gefördert

Die Stiftung OlympiaNachwuchs kann die Anzahl an geförderten Athleten aufgrund von zusätzlichen Fördermöglichkeiten erneut steigern

Kristin Redanz ist seit 2019 Geschäftsführerin der Stiftung OlympiaNachwuchs Baden-Württemberg. Verlassen kann sie sich auf ein starkes Netzwerk bestehend aus Olympiastützpunkten und Sportfachverbänden, sowie Partnern, die die Stiftungsarbeit durch ihre Spenden auch in Krisenzeiten unterstützen. Gemeinsam blicken wir zurück auf ein spannendes und erfolgreiches Jahr 2022.

 

Frau Redanz, Anfang Dezember waren Sie auf ganz besonderer Mission in Fellbach-Schmiden unterwegs. Erzählen Sie davon.
Bei der letzten Vorstandssitzung Ende Oktober wurde über die eingereichten Athletenanträge entschieden. In Summe aller Anträge aus 2022 übertrafen wir bei den Bewilligungen erstmals die Anzahl von 100 Förderungen in einem Jahr. Die Sportgymnastin Viktoria Steinfeld war dann eher zufällig der 100. Antrag, der nach Prüfung aller Förderkriterien und Stellungnahmen vom Vorstand genehmigt wurde. Und das gab es in der gesamten Stiftungshistorie seit 2000 noch nie: Mehr als 100 geförderte Athleten aus Baden-Württemberg innerhalb eines Jahres! Diese großartige Nachricht wollte ich Viktoria, der 100. geförderten Athletin, in Schmiden gern selbst überbringen. Solch persönliche Treffen mit den Athleten bleiben für mich etwas Besonderes.
Ich kenne die Geförderten „vom Papier“, beschäftige mich intensiv mit den Anträgen, stimme mich mit Laufbahnberatern, Internatsleitern und den Spitzen- und Fachverbänden ab. Wenn man sie dann im Trainingsalltag, oder bei Wettkämpfen erleben kann, kommt die Stiftung aus der Rolle des anonymen Geldgebers heraus.

Über 100 Athleten – hätten Sie sich das zu Beginn ihrer Arbeit für die Stiftung ausmalen können?
Ich habe die Stiftung 2019 sehr gut aufgestellt übernommen. Alle Abläufe, Strukturen und Netzwerke wurden bereits mit der Zusammenlegung der beiden Stiftungen 2016 mit dem Landessportverband und dem Sportministerium sinnvoll festgelegt. Mich erwartete also mein Traumjob, bei dem ich gemeinsam mit meinem Vorstand viel bewegen möchte. Mit unseren Mitteln können wir direkt unterstützen; so manche Karriere erst anstoßen. 2019 waren es noch 63 Athleten – auf die 108 Sportler jetzt können wir stolz sein. Doch die Athletenanzahl ist nicht alles. Es ist noch gar nicht so lange her, da gab es noch monatliche Zuschüsse in Höhe von 50 Euro. Sicher besser als nichts, aber für die Vertreter in den Gremien der Stiftung nicht mehr zeitgemäß – gemessen am Bedarf der jungen Sportler. So wurde erst im vergangenen Jahr der Mindestförderbetrag auf 100 Euro pro Monat angehoben.

Eine tolle Entwicklung. Wo steht die Stiftung jetzt?
Sie startet mit fast 60 Athleten in das neue Jahr. Für diese wird bereits ein Fördervolumen von über 50.000 Euro notwendig sein. Von den reinen Zinserträgen kann derzeit keine Stiftung Gutes tun. Die zusätzliche Mittelbeschaffung bleibt also weiterhin ein wichtiges Thema und das in Zeiten, in denen es zahlreichen Unternehmen wirtschaftlich selbst nicht so gut geht. Denn bewilligen können wir nur so viele Anträge, wie uns Fördermittel zur Verfügung stehen! Hier sind wir weiterhin auf zusätzliche Zuwendungsgeber angewiesen. Dank der erneuten Spende der Porsche AG hatten wir 40.000 Euro mehr an Mitteln zur Verfügung. Das hilft sehr!

Sie haben einen guten Draht zu den Nachwuchsathleten des Landes. Was sind die größten Herausforderungen für ein junges Talent und wie kann die Stiftung helfen?
Gefördert werden schwerpunktmäßig junge Talente bei der Verwirklichung ihrer leistungssportlichen und schulischen beziehungsweise beruflichen Ziele. Der Fokus liegt auf Nachwuchskaderathleten bis zum Übergang in den Status eines Olympia-, Perspektiv-, oder Ergänzungskaders.

Wie werden die Sportler unterstützt?
Zum Großteil über ein monatliches Entgelt für leistungssportbedingte Kosten wie der Unterbringung im Sportinternat, Fahrten zum Training oder zu Lehrgängen, für Trainingsmaterial in kostenintensiven Sportarten, oder die Teilnahme an Wettkämpfen und Trainingslagern. Diese finanzielle Entlastung nimmt Druck von den jungen Athleten und ihren Familien und erlaubt ihnen, sich vollkommen auf den Sport zu konzentrieren. Wir sind oft ganz am Anfang der sportlichen Karriere für die Talente da. Zum Beispiel, wenn die Qualifikation für internationale Turniere oder Lehrgänge zwar geschafft ist, aber die Eigenanteile für die sportlichen Maßnahmen nicht mehr so ohne Probleme von der Familie gezahlt werden können.

Allein könnte die Stiftung OlympiaNachwuchs das nicht stemmen. Welches Netzwerk steckt dahinter?
Richtig, die Unterstützung der Athleten ist nur gemeinsam möglich. Die enge Anbindung an den LSVBW mit seinen Strukturen wie den Olympiastützpunkten und der Nähe zu den Fachverbänden ist dabei unersetzlich. Gleiches gilt für das Sportministerium im Land durch die Arbeit im Vorstand und im Kuratorium, deren Vorsitzende die Ministerin für Kultus, Jugend und Sport Theresa Schopper ist.

Sie sprechen das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport an. Welche Projekte über die Athletenförderung hinaus sind derzeit aktuell?
2023 haben wir erneut die Möglichkeit der Projektförderung. Die Stiftung unterstützt dabei Athleten finanziell, die sich beim Grundschulprojekt „Schau mal, was ich kann!“ oder dem Athletentag beim Grundschulwettbewerb von „Jugend trainiert für Olympia“ aktiv einbringen. So erhalten Grundschulkinder einen Eindruck, wohin sportliches Engagement in Verbindung mit entsprechendem Talent führen kann, und die Athleten sind Vorbilder, indem sie ihre Leidenschaft für den Sport an die Grundschüler weitergeben.

Was sind die kurz-, was die langfristigen Ziele der Stiftung OlympiaNachwuchs?
Für 2023 ist es unser Ziel, die bestehenden Partnerschaften aufrechtzuerhalten und die Zusammenarbeit im Netzwerk zu intensivieren. Nur so werden wir hoffentlich noch viele neue talentierte Athleten aus den unterschiedlichsten Sportarten finanziell entlasten können.
Bei der Erfüllung unserer Ziele sind wir weiterhin auf zusätzliche Zuwendungsgeber angewiesen. Unsere langfristigen Ziele bleiben die Befürwortung möglichst vieler förderfähiger Athletenanträge mit Schwerpunkt auf dem Nachwuchsbereich, die Fortsetzung von Projektförderungen im Sinne des Stiftungszwecks und die Stabilisierung des Gesamtfördervolumens. Wir wollen weiterhin die Medaillengewinner von morgen fördern und sie langfristig auf ihrem Weg begleiten!

 

Quelle: Sport in BW / Ausgabe 01/2023
Das Gespräch führte Jennifer Baloni.